Und weil es immer dieselben Fragen sind die einem gestellt werden, von "Warum" bis "Sucht", klären wir diese hier mal konkret.
Die einen sagen Spinnerei, die anderen finden es einfach nur faszinierend, was man mit seinem eigenen Körper ohne Hilfsmittel alles machen kann. Der Mensch ist als Lauftier geboren was man anhand unseres Körperaufbaus unschwer erkennt. Unsere Vorfahren waren Jäger und Sammler und Distanzen bis hin zu Marathon pro Tag waren normal um Nahrung zu bekommen. Die kenianischen Kinder laufen noch heute Distanzen bis zu 30km und mehr um zum Spielen zum Nachbarn ins andere Dorf zu gelangen. Die einen spielen Fußball, die anderen laufen Marathon und wiederum andere laufen weiter.
Fakt ist jedoch, dass Spinnerei alleine nicht ausreicht um ein Vorhaben wie 100km, 100 Meilen, Tagesläufe oder gar noch spektakulärere Distanzen wie den Spartathlon von 246km zu überwältigen. Dazu muss man seinen Körper und auch seinen Geist stählen und erkennen, dass der Körper nicht ohne Geist und der Geist nicht ohne Körper kann. Wenn Du einmal durch Griechenland gelaufen bist und 60km kämpfen musstest um eine Jacke zu kriegen, wohl wissend das dies nur ein Teil der Strecke ist und Du über 6h brauchen wirst um zu Deiner Jacke zu kommen…. Wenn Dir das gelingt und Du nicht aufgibst und die Schmerzen und Probleme ertragen kannst, lernst leiden ohne zu klagen, dann macht das auch mental und körperlich in Deinem beruflich wie privatem Alltag einen anderen Menschen aus Dir!
Nun, alles was Spaß macht hat halt auch Nachteile. Teuer, oder man muss viel dafür tun oder üben. Studieren macht sicher auch nicht immer Spaß. Wenn man aber seinen Master hat und damit gutes Geld verdient, dann hat man Spaß. Spaß will verdient werden. Klar macht die Vorbereitung und Planung eines Rennens Spaß und sich feiern zu lassen, Sieger zu sein oder den Triumpf zu genießen, wenn man es geschafft hat. Man hat, wenn an erst mal 100km oder mehr gelaufen ist etwas erreicht, was fast keiner schafft. Nicht unbedingt weil er es nicht schaffen kann, sondern auch nicht schaffen will. Und um es schaffen zu können muss man es a) wollen und b) trainieren. Nichts kriegt man im Leben geschenkt. Der eine hat mehr Talent und der andere eben weniger - das ist doch schon in der Schule immer so gewesen und wird auch immer so sein.
Ist es Sucht? Nein! Einer Sucht geht man willenlos nach und man denkt nicht drüber nach ob man sich schadet oder ob man das was man da tut gut findet oder nicht. Willst du einen Ultra schaffen, musst Du stetig an Dir arbeiten, trainieren, und eben wollen. Regnet oder schneit es, Du musst raus. Liegen andere am Sonntag im Bett und pennen, Du musst laufen. Sitzen andere in der Hitze und saufen Bier, Du musst trainieren. Und meistens musst Du Dich dazu zwingen und selbst motivieren. Es fällt leichter wenn Du weißt wofür. Willst Du 100km schaffen, wirst Du raus gehen, weil Du das Ziel vor Augen hast.
Mir persönlich fällt es schwer etwas Sinnloses zu tun oder zu trainieren. Wenn ich 3h im Skatepark stehe und auf immer das Gleiche Hindernis zufahre und Springe, will ich das Ziel verfolgen eines Tages dieses Hindernis zu treffen, es zu grinden, zu überspringen, überfahren, was auch immer. Also mache ich es gern und übe noch 3h bis ich das kann! Muss ich also am Wochenende die lange Strecke von 45km überwinden, so tue ich es, um 100km in den Griff zu bekommen und Sicherheit zu bekommen, das auch schaffen zu können. Eine Garantie gibt es nie.
Warum sollte ich das tun? Was? Ultra laufen? Warum spielst Du Fußball? Ist es nicht blöd 90min mit 22 Mann einem Ball hinterherzulaufen? Warum spielst Du Tennis, warum Golf? Jeder macht halt was anderes leidenschaftlich gern oder misst sich im fairen Wettkampf. Mir persönlich gibt das Ultralaufen Kraft und Geduld, Durchhaltevermögen und Demut, Respekt und nicht
verschwenderischen Umgang mit wertvollen Ressourcen und zwar nicht nur auf der Strecke oder bei der Vorbereitung auf die Rennen, sondern auch im alltäglichen Leben. Denkt an die Jacke die Ihr erst in 60km bekommt und bis dahin in Shirt und kurzer Hose überwinden müsst und ihr könnt nicht erzwingen das es großartig schneller als unter 6h klappt. Warum? Na weil danach noch über 80km vor Euch liegen die ihr laufen sollt… Merkt ihr was?
Habe ich ein halb leeres Glas oder noch viel zu trinken? Bin ich von 100km erst oder schon 60km gelaufen? Alles eine Frage der Ansicht. Ein anderes Beispiel: Ich mag meinen Job manchmal nicht und mag auch nicht aufstehen oder hin gehen. Fakt ist aber, wenn ich eine gute Arbeit verrichte, verdiene ich gutes Geld um davon zu leben. Wenn ich gut arbeite, kann ich mir meine Freizeit und Freuden finanzieren, mir was Schönes kaufen, essen, trinken. Wenn ich motiviert arbeite, geht der Tag schneller rum. Wenn ich morgens schon alles kacke finde, wird sich über den Tag wenig Positives ergeben. Wenn ich Abends geschafft heim komme und den Tag bescheiden fand, starte ich am nächsten Tag neu motiviert mit dem Gedanken, heute wird es besser sein, ich werde es besser meistern und der Tag wird dadurch besser sein als der gestern. Höhen und Tiefen gibt es immer. Zieht Parallelen!
Ultralaufen heißt, mehr als aus einer Bierlaune heraus zu entscheiden da mal eben mitzulaufen. Als ich mich 2011 dazu entschied meinen ersten Marathon mit 31 zu laufen habe ich Angst davor gehabt diese Distanz überhaupt laufen zu können. Weiter als 42,2km zu denken kam mir bis dato noch gar nicht in den Sinn. Man hat mir wohl davon erzählt und ich hörte unglaubwürdig zu aber ich konnte mir das nicht vorstellen. Dennoch wollte ich es nach meinem ersten Marathon wissen wie man sich auf sowas vorbereitet und ob ich das auch kann. Wer es wirklich ernst meint, sollte meiner Meinung nach sich ein kürzeres Ultrarennen aussuchen, was aber halt dennoch ein Ultrarennen ist. Du hast deine 1-2 Marathons schon hinter Dir und schon einige Trainingskilometer hinter Dir gelassen? Du bist gut trainiert und überstehst einen Marathon unverletzt? Klar tut ein Rennen immer weh aber ich meine mit unverletzt, dass es Dir danach gut geht, nichts kaputt ist, Knieprobleme oder Ähnliches? Du kannst Dir vorstellen auch was Längeres zu versuchen? Dann kannst Du Dir z.B. den Thüringer Rennsteiglauf anschauen oder noch besser ein Rennen wie den 50km Rodgau Ultramarathon. Handelt es sich um ein Rennen was in Runden abläuft, wie z.B. beim Rodgau 50km Ultramarathon, wo man 10 Runden a 5km läuft, hat das den Vorteil einer gewissen Sicherheit. Man könnte vorzeitig aussteigen, wenn es nicht mehr geht und hätte es nicht weit zum Start.
Nachteil ist aber, dass man gern Ausreden für den Ausstieg sucht. Mir ging es schon so, dass ich gern das ein oder andere Rennen hingeschmissen hätte aber mir überlegt habe was es für ein Theater währe zum Start zurück zu kommen und mir dann doch das Laufen lieber sei. Ich gehe immer mit dem Ziel an den Start, das Rennen zu Ende zu laufen. Wenn man gesundheitliche Probleme hat geht das freilich nicht und da steckt man auch nie drin. Aber prinzipiell sollte man, egal ob 50km im Kreis oder 80km von A nach B immer das Ziel erreichen wollen. So kann man sich langsam an 100km ran arbeiten und selbst erkennen wo man steht, wie es einem damit geht und ob das was für einen ist. Ich finde dabei wichtig, nichts zu übereilen. Es gibt so viele Leute, die unbedingt, kaum Erfahrung und keinen Plan, in 6 Monaten einen Marathon laufen wollen, halb tot im Ziel ankommen und als Eintagsfliege verschwinden - aber sie laufen ja Marathon. Gut ankommen muss nicht unbedingt unter 3h sein - da kommen wir ins Professionelle Niveau. Gut ankommen heißt, gesund und froh mit Blick auf eine weitere läuferische Zukunft im Ziel anzukommen und lächeln zu können wenn man es geschafft hat. Nimm Dir also die Zeit die Du brauchst - nicht Dein Kumpel, Bekannter, Freund oder wer auch immer - DIE DU BRAUCHST um sagen zu können ja, ich bin soweit! Ich ließ mir für meinen ersten Marathon knapp 2 Jahre Zeit. In der Zeit sammelte ich Rennerfahrung auf den Unterdistanzen und Halbmarathons, lernte meinen Körper einzuschätzen, bereitete Bänder und Sehnen auf die Belastung vor und übertrieb es nicht mit den Rennen an denen ich mich anmeldete.
Ich meldete gezielt Rennen an und suche mir immer ein Endziel. So ist das 2019 z.B. der große Spartathlon, wo man 246km unter 36h am Stück zu laufen hat. Als Vorbereitung darauf laufe ich neben dem Training jeden Monat ca. ein Rennen. Ich habe ein 24h Rennen, den Thüringer Ultra 100km, die 100 Meilen Berlin und den WHEW100 vor dem großen Tag im September 2019 geplant.
Willst Du 100km laufen, sollte Dir die Marathon Distanz problemlos gelingen und es empfiehlt sich, das ein oder andere Testrennen zu laufen, das zwischen 50 und 100km angesiedelt ist. Willst Du 100 Meilen laufen, sollte Dir bewusst sein, wie man sich nach 100km fühlt. Und willst Du weiter als 100 Meilen laufen, beispielsweise 246km nach Sparta, dann solltest du zahlreiche Erfahrungen bei 100 Meilen Rennen und 24h Läufen gesammelt haben. Denn hier bewegen wir uns langsam in eine Welt, wo es weder Garantie, noch Sicherheit gibt. Wenn Du Deinen Körper über 36h dauerhaft ohne Rast und Schlaf belastest, kann Dir niemand sagen ob Du vorher abbrechen musst, Kreislauf, Darm- sonstige körperliche Beschwerden bekommen wirst und heil durchkommst. Du kannst Dich gezielt darauf vorbereiten, Dich gut ernähren, Dein Material testen und Deine Nahrung ausprobieren. Lerne was Dir während des Rennens gut tut und was nicht und teste das auf kürzeren Trainings, noch besser bei Testrennen. Du lernst Deinen Körper besser als ein Normalo kennen und einzuschätzen und Du wirst lernen, wann und was Du benötigst. Gehst Du mir Herz und Hirn an die Sache ran wirst Du Deinen Spaß, Deine Erfahrungen, Geschichten, Freude und nette Begegnungen sammeln und einem schönen und doch sehr natürlichem Sport nachgehen, für den Du kaum mehr benötigst als gutes Schuhwerk, gute Socken und vor Allem gute Beine und mentale Stärke!