Ob man nun vier Wochen nach einem Spartathlon mit 246km wirklich einen Marathon braucht? Nicht wirklich. Fakt ist aber, ich habe dieses Jahr noch keinen in der geforderten Zeitspanne ab Mai 2025 - Mai 2026 absolviert und da bot sich Frankfurt, was meine Heimatstadt ist, einfach an. Relativ niedrige Kosten, keine Anfahrt, aber welches Ergebnis kann ich erzielen???
Ein Marathon ist lang, immer noch ein Marathon und er tut irgendwann weh. Das durfte ich auch heute wieder lernen. Wenn man mal bedenkt, dass ein Spartathlon jetzt noch 204km weiter währe... Dennoch ist es halt ein anderes Laufen. Ich hatte mir vorgenommen: "Über 4 Stunden läufst du nicht! Du bist noch nie in Frankfurt über 4 Stunden gelaufen und damit fangen wir heute erst gar nicht an." Für den Comrades in Südafrika brauche ich eine Zeit zwischen 4 und 5 Stunden und ich könnte somit einfach eine Durchgangszeit vom Spartathon laufen. Locker in 4h15min den Marathon ins Ziel bringen, reicht und ich täte mir nicht weh damit. Aber irgendwie...
Ich weiß nicht. Ich könnte ja auch eine 3h30min Zeit anpeilen und dann zum Trotz diese unterlaufen mit 3h28min oder so. Das Wetter war genau meines mit um die 10 Grad und bis auf die ein oder andere starke Windböe die einen ausbremste, war es ein echt gutes Laufwetter. Zuvor ging ich noch in die Eiskammer, was natürlich nicht unmittelbar vorm Start möglich war, ich musste ja noch meinen Kleiderbeutel abgeben und in den Startblock. Also um 08:30 Uhr in die Kältekammer und dann zum Start, wo ich mir erst mal die Eier abgefroren habe. Weil ich heute nicht einer von den ganz schnellen war, startete ich zu allem Überfluss erst um 10:10 Uhr, statt um 10:00 Uhr und fror somit noch 10min länger. Als es los ging war ich froh endlich laufen zu können und das es mir endlich warm wurde. Ich trabte in 4:37min/km los und dachte so bei mir: "Das wirst du zahlen, nehm das Tempo runter!" Ich nahm das Tempo nicht runter - typisch Harry Lange. Es war sicher nicht meine intelligenteste Entscheidung aber ich fühlte mich gut, obgleich mir klar war, das kann und wird sich vermutlich auch ändern. Da man aber ja positiv denken soll, genießen wir das erst mal und heizen so weiter. Die Kilometer flogen vorbei und ich hatte so meinen Freund Holger Hedelt im Kopf der mir zuvor noch sagte "Du Harald ich bin mal nach einem Spartathlon eine 3h18min Zeit gerannt, wollte das gar nicht und glaubte auch nicht das zu können aber irgendwie ging das." Er war heute mit mir hier am Start und schätzte sich so ein, irgendwo zwischen 3h40min und 4h zu landen. Wir wollten später noch was zusammen essen gehen und es sollte jeder seinen Stiefel laufen. Passt es, sind wir zusammen, ansonsten sehen wir uns später. Ich war also erst mal vorn und wollte es dem Holger nachmachen. Holger war aber einst schneller wie ich. Der lief auf 100 Meilen 16h und ich 19h, wobei wir eine ähnliche Marathonzeit haben. Aber er ist irgendwie dennoch erfahrener als ich und kriegt gerade bei langen Läufen das besser hin. Zwar war ich bei der Tortour de Ruhr 2024 schneller als er, weil ich mit dem Regenwetter besser klar komme, wobei er besser mit Hitze klar kommt. Und er scheint im richtigen Moment das richtige zuzuführen und mit seinem Körper und Geist besser klar zu kommen. Manchmal läuft es aber einfach nicht so, wie man es gern hätte.
Zwar merkte ich das Tempo aber ich meinte es halten zu können und es ist ja schließlich immer noch ein Rennen, kein Spaziergang. Außerdem könnte ich später ja dann auf 5min oder 5min30/km abfallen, was immer noch eine tolle Zeit gäbe. Bei km 10 war ich kurz geschockt als ich die Zeit auf der Uhr sah. 45min? Auf 10km 54min du Schlaffi! Das kann nicht wahr sein. Kann es! Ich Depp hatte nämlich vergessen, dass das hier die Zeit ab Startschuss war. Ich war aber heute nicht vorn dabei, sondern startete ja 10min später. Beim Blick auf meine Garmin sah ich dann die 46:18min auf 10km und ja, das war schon eine Ansage so vier Wochen nach Sparta. Ob das gut geht? Stück für Stück dem Halbmarathon näher hatte ich auch hier endlich mal wieder eine Zeit unter 1h40min stehen. Ich versorgte mich mit Wasser alle 5km und üblich beim Marathon nur mit Gels. Eines bei 12km, eines bei 24km und eines bei 36km. Evtl. eine Cola bei km 35 und km 40 und das war's. Manchmal muss man spontan was ändern aber so erst mal der Plan. Irgendwie vertrug ich das Maurten Gel aber heute nicht so wie beim Spartathlon, wo es mich hauptsächlich am Laufen hielt. War es das Tempo, das kühle Wasser am VP, was auch immer. Mein Magen fand das nach dem 2. Gel bei km 24 nicht mehr gut und ich durfte erst mal auf der Strecke kotzen. Also kurz anhalten, würgen und weiter. Die Zuschauer werden sich ihren Teil gedacht haben... Vor allem der, wo eben noch brüllte "schneller, weiter, weiter" Er meinte es wohl gut aber in dem Moment ging mir das einfach auf den Sack und ich ließ mir das kurz durch den Kopf gehen. Jetzt fing dieses Rennen an schwer zu werden. Von einem Moment auf den anderen war die Energie weg. Ich war ziemlich angeschlagen. Ich sehnte mich nach km30 und hoffte dann einfach irgendwie ehrenhaft die letzten 12km überleben zu können. Meine Durchgangszeit bei 30km konnte sich jedoch sehen lassen mit 02h23min. Aber sieht man sich die Splits an, ging das Tempo jetzt deutlich runter. Es war noch um die 5:13min/km aber Tendenz langsamer. Ich überwarf meinen Plan und trank eine Cola, die mir aber nicht so bekommen sollte wie gewohnt. Irgendwie zu schaumig und zu kalt, würgte ich auch die teilweise wieder rauf. Ich fing das Rechnen an: "Also unter 4h müsste es ja dennoch klappen. Du brauchst doch jetzt, selbst wenn du langsam läufst, keine 1,5h für knapp 12km. Wird wohl knapp unter 4h werden aber nicht über 4h." Ich musste jetzt kleine Gehpausen machen. Motiviert hat mich noch ein Grieche der an mir vorbei lief, mein Spartathlon Finisher Shirt und mein Tattoo an der Wade sah und rief "Bame, Bame, Bravo!" Ein anderer Läufer passierte mich und ihm entfiel laut und ehrlich "Respekt! Respekt!!!" Das tat gut, motivierte, aber es war jetzt ein echter Kampf. Ich zweifelte nicht an dem Finish selbst. Ich meine ich bin ganz anderes gewohnt. Aber wenn dir kotzübel ist und du kaum noch vorwärts kommst, dann sind auch 5km ein Kampf und unheimlich lange, manchmal sogar nicht mehr zu schaffen. Leichte Sehstörungen, der Kreislauf meldete sich, es wurde echt Zeit das ich den Scheiß hier beende und zwar bald, damit das Leiden ein Ende hat. Bei km 35 nochmal eine Cola und gegen km 37 das letzte Gel, weil es auch schon egal ist. Irgendwas musst ja haben, dass die Maschine läuft.
Noch lächerliche 5km und ich kämpfte mich weiter durch, die Uhr jetzt immer mal im Blick. Angst vor der 4h Marke musste ich nicht haben aber jetzt unnötig in die Länge ziehen wollte ich das Rennen auch nicht. Es tut ja so oder so weh. Ich trabte also so gut es ging. Wollte ich schneller laufen, ging das Würgen wieder los. Also einen Schritt vor den anderen und ruhig abwarten bis das Ziel kommt. Und das ist nun nicht mehr weit. 2km vor Schluss kam Holger angelaufen, der gut aussah. Und so wendete sich das Blatt. Er war besser als er zuvor dachte und ich konnte nicht ganz abrufen was ich versuchte. Gut, ich habe auf der ersten Hälfte einfach zu hoch gepokert. Lief ich die erste Hälfte in 1h38min, habe ich auf der zweiten Hälfte exakt 20min verloren und absolvierte sie in 1h58min. Na und so kam es, dass Holger nun locker an mir vorbeiziehen konnte, sien Tempo konnte ich so nicht mehr halten. Dennoch versuchte ich es dran zu bleiben und wollte jetzt sehen, dass ich wenigstens bis ins Ziel jetzt laufe, sofern man das noch laufen nennen kann. Gut, es war jetzt um die 6min/km herum aber immer noch besser und schneller als gehen. Im Endeffekt war Holger 1min vor mir im Ziel und ich fand es toll, dass wir uns dort fanden und ab dann zusammen sein konnten. "Du siehst echt Scheiße aus Harald..." Meinte er zu mir und ja, es ging mir auch echt Scheiße. Mir war übel und ich konnte mir nicht vorstellen jetzt essen zu gehen. Ich weiß aber, sowas kann sich nach der Anstrengung auch schnell legen. Wir gingen aus der Halle und holten uns unsere Medaille. Holger sah, dass es dort Tee gab und den nahm ich dankend an. Zwei Becher Tee erst mal, keine Nahrung, kein Bier. Wir holten unseren Kleiderbeutel und zogen uns im Nottreppenhaus der Messehalle um. Eine geile Idee. Bis auf zwei Läufer war da keiner und wir konnten uns in Ruhe auf der Treppe sitzend umziehen. Ich bekam Krämpfe warum auch immer, konnte mir kaum vorstellen Salzmangel oder Wassermangel zu haben. Holger hatte eine Salzkapsel dabei und ich trank Frubiase Sport, was ich im Kleiderbeutel hatte. Das half bedingt. Holger meinte dann "Gehen wir jetzt Burger essen oder nicht?" Kurz nachgedacht merkte auch ich, dass es jetzt doch Zeit wäre was anständiges zu essen. Und so ließen wir den tollen Tag in der Kastanie Frankfurt ausklingen und sahen zu, dass wir auf unser verdientes Sofa kamen.
Ich will mich gar nicht beschweren. Ich hätte intelligenter anlaufen können und evtl. wäre ich dann weniger fertig ins Ziel gekommen. Der restliche Tag war gelaufen, ich lag um 20:00 Uhr im Bett. Am nächsten Morgen wollte ich gar nicht erst aufstehen, sowas legt sich aber schnell. Ist man aufgestanden, läuft es meist normal weiter. Andererseits wollte ich aber auch wissen wo ich stehe und eine geile Qualizeit für den Comrades haben. Die ist jetzt mit 3h36min ja nicht schlecht. So gesehen alles gut. Ich weiß jetzt das ich eine Tempohärte von 4:37min/km auf 30km wohl halten kann aber für den ganzen Marathon oder weiter, da langt es derzeit nicht. Das war nach dem Spartathlontraining, dem Spartathlon selbst und meiner derzeitigen Grundgeschwindigkeit nicht anders zu erwarten. Hätte ich mich von Anfang an mit dem 5er Schnitt etwas zurück genommen, wer weiß ob die ein oder andere Minute besser drin gewesen wäre. Aber Rennen zu verbummeln und langsamer anzugehen als möglich ist einfach nicht mein Ding. Manchmal hat man auch Glück und sowas geht gut aus. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!