Letztes Bergtraining - ein Lauf in die Vergangenheit mit herrlichen Erinnerungen in meiner alten Heimat Österreich

Seit Langem hatte ich schon vor, meine alte Heimat wieder mal zu besuchen und ein paar für mich wichtige Dinge zu erledigen. Ich musste damals wegziehen und meine geliebte Natur verlassen, nur um Arbeit finden zu können. Da meine treue Freundin Christiane den Triathlon in Zell am See mitmachen wollte, hat es sich ergeben, dass ich sie auf ihrer Reise dorthin begleitet habe. Ich selbst wäre auch gern gestartet, was aber dieses Jahr aufgrund meines Vorhabens den Spartathlon zu laufen, nicht sinnvoll gewesen wäre. Dennoch steht dieses Heimspiel auf meiner Liste für die Zukunft! Nichts desto trotz musste ich natürlich weiter hart trainieren und lange Strecken meistern. Da sich meine Strecken zwischen 40 und 60km bewegten, wollte ich die mir wichtigen Orte so gut es ging alle besuchen. Weil ich auf Anhieb den Radweg nicht gefunden habe, musste ich mit der Bundesstraße vorlieb nehmen. Ich kenne diese Straße, wurde da als Kind schon mal angefahren und sie war damals schon gefährlich. Diese Straße ist über die Jahre hinweg noch schlimmer geworden. Die Sache hatte aber den Vorteil, dass ich unsere ehemalige Aral Tankstelle besuchen konnte, wo ich mit 6 Jahren aufwuchs. Ich wollte schon lange mal dort vorbeischauen und neugierig wissen, was es da jetzt Neues zu sehen gibt. Ein Imbiss steht jetzt dort, dennoch ist das alte Gelände fast unverändert geblieben und ich habe es sofort wieder erkannt. 

Der Preis dafür wie gesagt, die Bundesstraße. Die ist echt nicht ungefährlich. Da braucht man gute Nerven. Die Autos fahren mindestens 80 km/h und ich sollte für´s nächste Mal lieber den Radweg finden und nutzen. Trotzdem freute ich mich riesig auf dem Gelände der alten Tankstelle zu stehen - ein Traum. 

Sie können sich die Freude und diesen erhabenen Moment nicht vorstellen, als ich endlich das Ortseingang Schild "Mittersill" entdeckte! Ich habe es geschafft! Ich habe nach all den Jahren und fast blind wie ich bin nicht verlernt wie die Wege hier laufen. Vieles wurde neu gebaut, nicht alles davon ist gut gelungen oder war nötig. Dennoch sind  viele Dinge genau so geblieben, wie ich sie einst in Erinnerung hatte. So führte mich der Weg über Burk in Mittersill hinein. Wie oft bin ich hier vom Berg herunter zur Schule gelaufen, im Tiefschnee, im Regen, im Sonnenschein... Das alte Wirtshaus "Essiger" steht immer noch wie vor 25 Jahren da, als ich es zum letzten Mal gesehen habe. Die gute alte Burkerstraße erreichte ich jetzt nach ca. 27km und es war wunderschön sie hinauf zu laufen. Ich war gespannt ob mein altes Elternhaus noch steht. Das Haus in dem ich fast 20 Jahre meines Lebens aufgewachsen bin. 

Und tatsächlich existiert es noch! Es ist einiges verändert worden aber es ist für mich, als währe ich gestern erst hier gewesen. Ich kann das Gefühl kaum beschreiben... Ich sehe heute noch meine Oma auf der Bank vorm Haus, die dort nicht mehr steht, vor dem Fenster sitzen um mich nach der Schule zu begrüßen, oder sich mit der alten Marianne zu unterhalten. Das Fenster, die Einfahrt und sogar die Pflanze vorm Hauseingang sind noch da. Auch wenn die Pflanze mittlerweile sicher eine andere ist. Und mein Gott, das alte Wellblechdach auf dem wir Kinder uns gern herum trieben, bis uns der alte Großvater davon vertrieb. Er hat es gehasst wenn wir da spielten. Einerseits gefährlich, aber tat es auch dem Dach nicht gut. Der kleine Vorgarten in der Einfahrt ist nicht mehr, unser altes Wohnzimmer aus Holz mittlerweile Beton und einen separaten Eingang gibt es. Dennoch der Blick auf das Haus beschert mir Gänsehaut, lässt mich 20 Jahre jünger werden, bringt viele schöne Ereignisse zu tage und lässt mich Negatives nach all den Jahren etwas verdrängen. 

Der nächste denkwürdige Platz auf meiner Reise in die Vergangenheit war das Kreuz. Das Kreuz steht in Burk unterhalb des Schröck Hofes, wenn man der Burkerstraße einfach weiter folgt. Als meine Oma nicht mehr ganz so gut zu Fuß war, ging sie hier oft mit uns Kindern hin, erzählte uns Geschichten, gab uns Süßigkeiten und sah uns zu, wie wir mit dem Dreirad die Straße runter donnerten zur Freude unserer Eltern. Auch mit meiner lieben Mama war ich oft hier und wir sprachen über Gott und die Welt. Wenn der Opa und die Oma aus Deutschland zu Besuch kamen, waren wir auch mit ihnen hier. Im Winter fuhren wir mit dem Schlitten dort runter und wenn ich den Mofaschlüssel des Vaters in die Finger bekam - naja, dann war ich eben damit unterwegs. Die Bank hat man mittlerweile von der linken Seite direkt vors Kreuz gestellt. Sonst ist noch alles unverändert. Auch mit Inlinern sind wir dort runter gefahren und mussten bei Gegenverkehr ins Gras flüchten. Damals war da noch kein Viehzaun, zumindest nicht im Gesamten. Meine Mama brachte mir hier bei wie ich mit meinem Hund Susi umzugehen habe. Die konnte dort frei laufen und erlebte ihren ersten Schnee. Mein Weg führt mich jetzt weiter unterhalb des Schröckhofs.

Zu genau dieser Bank ist meine Oma oft mit uns Kindern spaziert und genau diese Bank existiert noch an genau diesem Fleck wo sie schon seit über 25 Jahren steht. Wir hatten damals noch keine Mountainbikes oder Räder mit 30 Gängen. 1-10 Gangräder maximal und damit strampelten wir uns die Beine ab. Geschadet hat es uns nicht, Kondition gab es auch. Für einen 10jährigen ist das aber kein Zuckerschlecken. Die Abfahrt danach allerdings, die war halsbrecherisch und auf diese hat man sich den ganzen Aufstieg gefreut. Als Bonus musste natürlich noch das letzte Stück bis nach Schröck bewältigt werden...

Der Schröck Hof in Burk Mittersill. Weiter geht es hier soweit ich weiß nicht mehr und wenn, dann kann nur noch geklettert werden. Da ich nicht weiß ob das hier Privatgrund ist, trieb ich mich nicht weiter dort herum. Der Bauer fand es schon merkwürdig genug, dass ich hier am Fotos machen war. "Dummer Tourist" hat er sich wahrscheinlich gedacht. Muss mich nicht weiter stören. Früher kamen mir diese Distanzen zwar normal, aber dennoch weiter vor. Ich war kein Langstreckenläufer wie heute. Dass man für 45km von Kaprun auf Mittersill über den Schröck Hof nach Hollersbach auf die Sahnealm und zurück nach Mittersill laufen muss, wusste ich bis jetzt auch nicht. Ich wusste nur, dass ich für Sparta dringend trainieren muss aber das Laufen für mich heute eher Beiwerk ist. Ich will viel lieber die Orte genießen die ich heute besuchen darf, die Landschaft, die Ruhe und endlich ein verdientes Eis beim Pletzer am Mittersiller Marktplatz genießen. Dafür muss ich aber noch ein bisserl weiter laufen. Denn bislang haben wir grad mal 30km zurückgelegt. 

 

Die Neugier ließ nicht ab und ich musste unbedingt den Burker Ring laufen, wo der alte Burkerspielplatz war, auf dem wir nicht nur unsere Kindheit verbracht, sondern auch später dort geraucht, gesoffen, geflirtet und was nicht noch alles gemacht haben. Glaubt es oder nicht, der existiert nahezu unverändert!

Der Sandplatz rechts neben dem Reifen ist mittlerweile grüne Wiese. Die hat man uns damals zum Fußballspielen nicht gegönnt. Wir spielten auf Sand. Der alte Reifen und das Hüttchen in dem wir geraucht haben steht noch. Wie oft haben wir versucht diesen Reifen zu überschlagen und uns gegenseitig mit voller Wucht an den Stopper dort zu schupsen. Einer sitzt im Reifen, der andere versucht ihn so hart wie möglich an den Stopper zu schupsen. Nicht wie die Weicheier heute, die mit Wasserflaschen in der S-Bahn sitzen oder herum laufen. Wir hatten sowas nicht. Wenn wir los gingen, hatten wir meist gar nichts dabei. Gegessen wurde daheim und wenn wir doch mal Wasser brauchten, gab es den alten Brunnen, ca. 400m vom Spielplatz weg.

Wie habe ich mich über diesen Anblick gefreut! Er ist noch genau an derselben Stelle wie damals und liefert kostbarstes Trinkwasser zum Laben. Einfach herrlich.

Die alte Anschlagtafel aus holz, wie früher und immer noch an ihrem Platz. Dort stand immer was im Ort so los ist und das tut es heute noch. Es war auch eine Auslaufzone für uns, wenn wir mit den Skates verbotenerweise die Straße runter knallten. Dort konnte man über die Brücke ausrollen, in der Hoffnung keine Oma beim Spazierengehen zu überfahren. Das Seniorenheim ist nicht weit. Umgebaut, aber noch da. 

Genießen Sie nochmal den Ausblick von meinem alten Elternhaus und verstehen Sie damit besser, warum ich meine alte Heimat so vermisse...

Auf dem Weg von Burk zum Mittersiller Marktplatz kam ich natürlich (linkes Bild) an meiner ersten eigenen Wohnung vorbei, die sich in der Zellerstraße in diesem Haus befand. Das Bild rechts zeigt das Haus in dem meine liebe Mama ihre Wohnung nicht weit weg von mir nach der Scheidung hatte. 

Jetzt kommen wir auf den Mittersiller Marktplatz und dort erst einmal an der alten Tauernklinik vorbei. Dort war auch ich als Kind schon oft geflickt worden und als ich stationär bleiben musste, kam Oma mit einem Trostpflaster vom Pletzer vorbei... 

Jetzt 2-3 Bosna beim Lois gegenüber vom Rathaus am Marktplatz Mittersill. Die habe ich mir nach dem harten Training heute wirklich verdient und außerdem gibt´s das ja in Frankfurt nicht. Ich genoss es und habe in den 4 Tagen die ich dort war 10 Stück davon vertilgt. 

Schaumrolle, Pariser Stangerl, Kekse, Torten, was auch immer: Der Pletzer hat´s! 

 

Was der Pletzer aber auch hat, ist neben dem Moshammer in Zell am See einzigartig. Er hat Softeis in diversen Geschmacksrichtungen. Nicht wie man es aus Deutschland kennt, Vanilleeis mit Soßen, sondern da Eis selbst ist Orange, Erdbeere, Vanille usw. Die alte Kreidetafel wo die Sorte des Tages aufgeführt ist, existiert noch immer. Es gab immer mal eine andere Sorte. Jetzt keine große Auswahl aber mal dies und mal das. Dann Schoko- oder Krokantstreusel drüber und natürlich einen Windbeutel als Dekor oben drauf. Ein Traum und absolut ein MUSS neben dem Würstelstand "LOIS BOSNA" oder "Knackwurst" am Marktplatz gegenüber vom Rathaus. 

Meine liebe Oma, Gott habe sie selig. Ich wohne über 600km von ihr weg und kann sie daher nicht ständig besuchen. Ich finde aber auch, dass es nicht notwendig ist vorm Grab zu stehen. Den verlorenen Menschen trägt man im Herzen und man kann an ihn denken, egal wo man gerade ist. Es war mir dennoch eine Ehre ihr Grab aufzusuchen, wenn ich schon mal am alten Marktplatz stehe - ABER bitte Mütze abnehmen! Haltung und Ehre müssen sein, auch im Laufdress. 

Ein besonderes Highlight in diesem Urlaub

Das Kitzsteinhorn Kaprun, auf dem ich als Jugendlicher jede freie Minute zum Snowboarden im Winter verbracht habe, ist wie mein zweites Zu Hause. Auch hier hat sich einiges getan, der Gipfel ist aber zum Glück noch unverändert. Ich wünschte mir als Kind nichts sehnlicher als einmal auf den Gipfel steigen zu dürfen und nun hat mir dies meine liebe Freundin und Lebenspartnerin Christiane ermöglicht. Sie wagte es mit mir und gemeinsam stiegen wir bedacht und bei bestem Wetter auf. Währe sie nicht gewesen, hätte ich abgebrochen. Ich bekam Panik als ich den Grad auf der rechten Seite erblickte und mir wurde schnell bewusst, dass hier ein Fehler mein letzter sein würde. Sie sprach mir Mut zu und so gingen wir langsam weiter und schafften es doch. Bessere Schuhe hätte ich mir gewünscht und Handschuhe mit Grip. Geplant war das nicht und bei schlechterem Wetter hätte ich es auch nicht gewagt, egal wie gut sie mir zugeredet hätte. Vorm Berg muss man Respekt haben in jeder Sekunde. Nicht geplant und dennoch ein Highlight für uns Beide in diesem Urlaub. Christiane, ich gehe mit dir ans Ende der Welt wenn´s sein muss. 

 

Im Sommer erlebte ich das Kitz noch nie und sah wenig Sinn für mich dort hinauf zu wollen. Zum Gipfel ging mein Vater mit mir ohnehin nie und erzählte nur immer groß davon und so kannte ich den Berg bis jetzt nur im Winter. Erschreckend ist dennoch die Veränderung am Berg. Denn egal ob Sommer oder Winter, hat der Gletscher bislang immer Schneefelder gehabt. Ich weiß das, weil man das auch auf der Panoramakamera immer sehen konnte. So kahl wie diesmal habe ich ihn noch nie erlebt und der Klimawandel ist hier deutlich zu sehen. Das ist der negative Teil dieser Geschichte.