100km Trainingslauf autark von Frankfurt nach Worms

Der Spartathlon 2021 rückt langsam näher und es wird Zeit, mehr als nur Unterdistanz Läufe wie Marathons zu trainieren. Aufgrund der immer noch herrschenden Corona Pandemie ist es jedoch schwer bis unmöglich, entsprechende Testrennen wie 24h Läufe, 100 Meiler oder Ähnliches zu laufen. Besondere Zeiten erfordern eben besondere Ideen. So habe ich überlegt ein 24h Rennen so zu planen, dass ich mehrfach über den Feldberg laufe und beim Europakreisel in Bad Homburg an der Tankstelle immer wieder Nahrung und Getränke aufnehme. Man könnte sich auch eine Route suchen wo man 24h von A nach B läuft und sich überall da verpflegt wo es geht also Tankstellen, Supermärkte, Nachttankstellen usw. 6 Wochen vorm Spartathlon ist der 100 Meilen Mauerweglauf in Berlin geplant, auch eine Möglichkeit, noch einmal vor den 246km ein langes Läufchen zu machen. 

So plante ich mit meiner lieben Freundin Christiane eine ganz andere Schweinerei: Wir planten einen 100km Trainingslauf, auf dem sie mich mit dem Fahrrad begleiten sollte. Sie würde so unsere Versorgung sicherstellen und ich könnte autark ohne Verpflegungspunkte direkt nach Worms laufen, wobei autark hier nur bedingt richtig ist. Autark würde heißen, ich laufe komplett ohne Begleitung und muss alles was ich für die Strecke brauche selbst besorgen oder tragen. Bei meinem 50km Testläufen mache ich das so und schleppe alles im Rucksack mit. Bei 100km und unter Umständen um die 30 Grad herum wird das schwer, denn man braucht enorm viel Flüssigkeit. Die Sache hat weiter den Vorteil, dass ich nicht am Start eines Rennens stehe. Ich kann einfach einen Wettkampf nicht locker laufen! Wenn ich am Start stehe gebe ich alles und zwar bei jedem Rennen. Wenn ich entspannt laufen will, mache ich einen Trainingslauf alleine oder mit Freunden, aber bestimmt kein Rennen. 6 Wochen vor Sparta muss ich außerdem keine 100 Meilen laufen - kann man tun, muss man aber nicht. 

 

Also starteten wir am 24. Juli 2021 um 07:00 Uhr morgens, also zur selben Uhrzeit wie im September in Athen, den 100km Trainingslauf von Frankfurt nach Worms. Dort werden wir zwei Nächte bleiben, die legendären Flammkuchen vertilgen und etwas Wellness im Hotel genießen. Etwas getrübt war unser Vorhaben durch einen leichten Muskelfaserriss an meinem rechten Oberschenkelbiceps und der immer noch leicht entzündeten Plantarsehne. Aufgrund der enormen Trainingsbelastung wird wohl zumindest die Plantarsehne nicht bis zum Spartathlon abheilen aber der Muskelfaserriss kann mein gesamten Vorhaben zum Scheitern bringen. Diese Verletzung zog ich mir bei einem langen Trainingslauf zu. Sie kam plötzlich und unerwartet bei 12km einfach so. Diese 100km zu schaffen war allerdings enorm wichtig. Ein Abbruch hätte mir mental nicht gut getan und Zweifel in Sparta zu bestehen wären stärker geworden. Respekt muss man vor den 246km in Sparta definitiv immer haben, aber keine Angst. 

 

Durch die Verletzung musste ich das Tempo reduzieren und ich spürte den Muskel von Beginn an. Ab 60km merkte ich auch andere Probleme, weshalb der Muskelfaserriss etwas in den Hintergrund rückte. Keine Sprints, keine ruckartigen Bewegungen, locker durchlaufen und vor allem durchhalten. Mental konnte nichts Schlimmeres passieren als abbrechen zu müssen. Ich hatte dieses Jahr noch keine lange Distanz und das längste was ich seit Mai 2020 gelaufen bin war der 74km Rennsteiglauf virtuell und die ein oder andere 40km Distanz. Das Wetter war durchwachsen und teilweise wurde es richtig heiß. Ich benötigte 4L Cola, 3L Wasser, 1L Red Bull, 500ml Gatorade, 1L alkoholfreies Bier, Salztabletten und 3 Landjäger. Ich kann bei der Hitze einfach nicht wirklich essen und halte mich wirklich mit Salz, Getränken und minimaler Nahrung wie eben ein paar Landjägern auf den Beinen. Laufe ich in die Nacht rein kommt irgendwann der Hunger und beim 100km Lauf, der ja nicht so lange geht, esse ich im Anschluss. So brauchten wir mit Verletzung und Eigenverpflegung 11:40h nach Worms und mussten keine Versorgung nachkaufen. Christiane musste sich ja auch versorgen und so hatten wir ca. 50kg Gepäck auf dem Rad. Ich bin froh das ihr das Hinterrad nicht geplatzt ist denn das Rad war wirklich schwer hinten mit den zwei Packtaschen. Viele Bilder gibt es nicht, da wir uns auf das Wesentliche beschränkt haben. Nonstop in Bewegung und halten nur zum Klogang irgendwo im Nirgendwo am Wegrand. 

 

Schön war auch, dass wir irgendwann am Rhein entlang fernab jeder Ortschaft unterwegs waren, wo man keine Läufer mehr traf. Dort waren lediglich Radfahrer und viele von ihnen begrüßten mich mit den Worten wie "Respekt" oder "tolle Leistung, weiter so". Ich fragte mich zunächst wieso. Aber als mir auffiel das ich der einzige Läufer hier auf dem Weg war und Christiane voll bepackt neben mir nicht ganz unauffällig war, wurde mir klar wieso und das war motivierend. 

 

Der Testlauf war ein voller Erfolg und die Zeit ist akzeptabel in Anbetracht der Schwierigkeiten mit dem Muskel. Dieser muss bis Sparta verheilt sein weil ein solches Vorhaben verletzt in unter 36h einfach nicht machbar ist. Da aber die 100km geklappt haben bin ich guter Dinge das es klappt. 

 

Und dann nach getaner Arbeit ein Bild des Genusses! Schockierend für den Lokalbesitzer war mit anzusehen das es da jemanden gibt, der auch 2 dieser Flammkuchen essen kann ohne Looser-Folie zu bestellen. Ohne Mampf kein Kampf! Ein Maß Bier dazu und die Welt war in Ordnung. Wenn ihr mal nach Worms kommt, probiert unbedingt diese Flammkuchen in der Wein und Bierschenke (unter diesem Namen kennen sie Insider immer noch) oder eben das Flammkuchenhaus. 

 

100km laufen um die Welt besten Flammkuchen in der Wein und Bierschenke in Worms genießen zu dürfen!!!
100km laufen um die Welt besten Flammkuchen in der Wein und Bierschenke in Worms genießen zu dürfen!!!

Zwischenbilanz nach 55km mit gleich bleibendem Ultraschlappschritt. Diesen sollte ich beim Spartathlon permanent bis auf ein paar kurze Gehpausen vorweisen können um im Zeitlimit zu bleiben. Manch einer währe froh in diesem Tempo einmal den Frankfurt Marathon finishen zu können, was für mich eine reine Durchgangszeit ist. Je nach Beschaffenheit der Strecke und dem Trainingsziel, liegen meine Trainingsmarathons zwischen 3:40h und 4:20h, wobei ich bei Letzterem meist 800 Höhenmeter zu bewältigen habe. 

 

Ein guter Freund Holger Hedelt fragte mich irgendwann beim Deutschlandlauf nach ein paar Etappen "Bist du schon mal einen Marathon über 4h gelaufen?" Wahrheitsgemäß und ohne zu übertreiben antwortete ich "Nein." Schließlich war das erst mein 2. Etappenlauf innerhalb meiner Sportkarriere und bislang brauchte ich noch nicht mal für meinen allerersten Marathon mehr als 3:33h. Daraufhin lachte er und antwortete mir "Glaub mir, in den nächsten Tagen wirst du einige Marathons über 4h laufen müssen!" Er hatte Recht. Beim Deutschlandlauf 2017, wo die Tagesetappen zwischen 70 - 100km betrugen, war eine Etappe mit 55km die wir hin und wieder auch hatten eine Erholungsetappe! Das müsste man mal seinem Arzt erzählen... 55km sind eine Erholungsetappe! Irgendwann wird das alles so schwer, da läufst du freiwillig über 4h auf den Marathon weil du es musst. Beim Spartathlon muss der erste Marathon allerdings in 4:45h gelaufen worden sein, da man sonst disqualifiziert wird. Das ist dann aber erst der erste von ca. 6 Marathons die hier nonstop am Stück gelaufen werden müssen! Möge mir in Sparta ein günstiger Wind wehen...