Wer Märchen mit einem guten Ende lesen will, der wendet sich bitte an die Brüder Grimm. Happy End Storys bekommt ihr in Hollywood. Bei mir lest ihr über das wahre Leben. Man kann sich nicht einfach an den Start von einem 24h Rennen mit dem Vorsatz stellen, mal eben 180km hin zu rotzen. Das geht auch nicht wenn man sich sagt "Ich habe doch so brav trainiert und Sparta war mir nicht gegönnt und jetzt schreibe ich Heldengeschichte!" Im Traum, mit dem Mundwerk, bei Film und Fernsehen vielleicht aber leider nicht immer in der Realität.
Ich reiste mit dem Vorsatz nach Brugg, die Qualifikation für den Spartathlon 2022 zu holen und was ich verspreche und mir vornehme, das halte ich auch. Selbstverständlich war und ist mir bewusst, dass ich in Brugg nicht zu optimalen Bedingungen starten würde, weshalb ich weder ein Versager, noch zu alt bin. Oder was für blöde Aussagen Kollegen und Unwissenden noch so alle einfallen. Mal kurz die Fakten: Ich lief beim Spartathlon 2021 140km nonstop in 18h bei Hitze, verkehrsbelebten Straßen und anderen Widrigkeiten, die da dazugehören. Knapp vier Wochen später wollte ich also jetzt in Brugg 180km in 24h bei 10 Grad plus tagsüber und 2 Grad plus Nachts laufen. Das ist zwar nicht unmöglich, doch muss man bedenken, dass ich meine bislang beste Leistung über 24h bei guten Bedingungen im Sommer gelaufen bin. Man hat mich nicht zu einer Impfung gezwungen, ich hatte keine langen Klamotten an, die Versorgung passte und ich war körperlich voll fit. Weil man es sich im Leben aber nicht immer aussuchen kann, blieb mir keine andere Wahl als es hier zu versuchen. Also startete ich bei für mich sehr angenehmen Temperaturen um die 15 Grad herum mit Sonne und peilte von Anfang an mein Ziel, die 180km sogar zu brechen, an. Kurz nach Marathon musste ich aber feststellen, dass der mittlerweile frische Wind und meine schmerzenden Sehnen damit nicht so ganz konform gingen und ich begann schon recht früh mit Gehpausen in diesem Rennen. Ich wunderte mich warum es heute so schwer lief und das ging nicht nur mir alleine so. Das ist ja eigentlich mein Wetter! Aber es ist eben ein Unterschied ob man das über 5-6h im Training hat oder über 24h.
Aber das sollte mich erst einmal nicht weiter kümmern, denn ich war gut dabei. Trotz aller Quälerei, was aber für jemand, für den 2km zu gehen schon eine Anstrengung ist nicht nachvollziehbar ist, lief es bis 81km erst mal völlig nach Plan. Ich loggte diese nämlich in 9h15min ein. So sollte es weiter gehen, immer Sparta im Sinn, also 100km unter 12h. Dieses Vorhaben lief dann aber nicht mehr nach Plan. Ich fror äußerlich nicht und es ging mir auch innerlich nicht schlecht aber ich konnte von der Kraft her mit meinen Bändern, Sehnen und Muskeln jetzt einfach nicht härter und schneller laufen. So nahm ich bei km 95 mal ein Reisgericht zu mir und das hat gut getan. Ansonsten konnte ich das Essen gut bei mir behalten und auch die Hydration passte, was die regelmäßigen Toilettengänge bestätigten. Dennoch lief ich erst nach 12h auf 100km ein und mir wurde langsam bewusst, dass die 180km in 24h extrem knapp werden würden. Nicht unmöglich, noch nicht, aber verdammt knapp. Eigentlich nur zu schaffen, wenn ich weiterhin laufe und zwar mit fast keinen Stops. Nur das Nötigste. Leider hielt ich aber alle 2-3 Runden an, um entweder zu essen, die Toilette aufzusuchen oder einfach mal kurz zu sitzen. Viel zu früh im Rennen! So schwand meine Zeit und meine Laufleistung bewegte sich auf 8;25min/km, wenn ich schnell war. Es half nichts, mein gesamtes Fahrgestellt tat weh und ich wurde einfach nicht schneller. Ich zog mir was Langes über weil ich glaubte, es würde mir helfen schneller zu laufen, weil es Energie spart - eine Verzweiflungstat. Nach 2 Runden warf ich die langen Klamotten wieder ab, es war mir zu warm. Das kostet natürlich alles Zeit. Jetzt wurde es wirklich eine Quälerei und der Spaß verging mir langsam.
Meine liebe Freundin Christiane meldete sich für den 12h Lauf an und ich redete mir die ganze Zeit ein "Warte nur wenn Christiane da ist. Da werden wir gemeinsam Spaß haben. Wir werden zum ersten Mal zusammen laufen, weil ich diesmal nicht schneller als sie laufen kann. Und wenn ich es doch kann, um so motivierender wenn sie sich freut wie das nach der Belastung noch geht. Außerdem freue ich mich für sie wenn sie an ihre 70km heran laufen würde, Chrissi kam schon, nur leider konnte ich mit ihr nicht mehr mithalten. Die vier Stunden die wir gemeinsam auf der Strecke waren, sah ich sie genau zweimal. Und das auf einer Runde von 940m. Unglaublich wie weit man doch auf einer kurzen Runde auseinander sein kann - so nah und doch so weit... Ich rechnete mir meine Chancen aus, begriff das ich langsam leistungsmäßig am Ende war, keine Unterstützung zu erwarten hatte, der Veranstalter nach 13h kein warmes Essen mehr hinstellte, was eine Sauerei für einen 24h Lauf bei der Startgebühr und Werbung ist die er machte und ich auch nicht wusste, wie ich aus der Nummer jetzt raus kommen soll. Soll ich mich weiter schinden um jeden Preis bis zur letzten Minute und bei vielleicht 170km oder evtl. nur 156km aussteigen oder steige ich jetzt aus? Was will ich jetzt definitiv erreichen? Wie wichtig ist mir eine evtl. gute Platzierung? Keine Schnellschuss Entscheidung! Ich sah das es im Startbereich eine Feuerschale gab und dort setzte ich mich hin mit dem Gedanken "Ihr könnt mich alle mal am A...", ihr kennt den Satz. Ich schaute gedankenverloren wer weiß wie lange auf die Strecke. Es war schön hier. Wir hörten Musik und ein paar Jugendliche erfreuten sich an uns Spinnern die da 6h, 12h, 24, oder sogar 48h bis zur völligen Erschöpfung liefen. "Langsam solltest du auch wieder laufen oder aussteigen denn bei 2 Grad hier zu sitzen ist sehr gefährlich." Das war der letzte klare Gedanke den ich noch fassen konnte, bevor sich mein Kreislauf nun aggressiv versuchte zu verabschieden. Verdammt! Ich versuchte aufzustehen frei nach dem Motto, fährt der Kreislauf runter, musst du laufen! Das habe ich vom Ditmar gelernt aber das funktionierte nicht, weil sich alles drehte und ich mich schneller wieder auf dem Boden fand als mir lieb war. Da mir keiner half, zog ich mich an einer Biergarnitur hoch und legte meinen Oberkörper auf einen völlig verdreckten Tisch, was mir gerade mal scheißegal war. Ich blieb liegen und ging in mich, versuchte mich zu beruhigen, schwor mir nie mehr sowas zu machen und hoffte das die Übelkeit und der Schwindel verschwanden.
Das passierte zum Glück tatsächlich. Mein allerletztes Vorhaben für heute war, jetzt irgendwie zum Sanitäterzelt zu kommen, wo man mir hoffentlich helfen und mich ins Warme lassen würde. Ich fror jetzt - logisch, der Kreislauf war unten. Ich schleppte mich über eine halbe Runde wie ein Zombie dorthin. Viel wärmer war es nicht, aber besser als draußen. Auf den kalten Steinboden ließ ich mich sinken. Ein Sani sagte mir, ich soll bitte aufstehen und mich in den Ruheraum legen, den ich zuvor nicht entdeckt hatte. Dieser Sani war dann nicht mehr gesehen. Hilfe gab es erst mal keine. Wäre ich kollabiert hätte das zunächst keine Sau bemerkt. Ich ging in den Ruheraum und dachte mir "ich versaue Christiane das Rennen jetzt nicht." Ich lass sie laufen und ihren Spaß haben. Ich ruhe mich aus und die letzten Stunden werde ich mit ihr Hand in Hand gehen und bei ihr sein und mich mit ihr freuen und selbst noch ein paar Runden drehen und ein paar blöde Sprüche klopfen oder so." So der Plan. Schlafen konnte ich nicht, es kreisten die Gedanken, nicht doch nochmal laufen zu können, die Zeit schritt voran. 16h waren mittlerweile vergangen. Ich erhob mich von der Werkbank auf der ich lag und schleppte mich zur Verpflegung. Dort angekommen, bettelte ich um warmes Essen, das es immer noch nicht und wohl auch gar nicht mehr gab. Eine Sauerei! Bei den Temperaturen... Die Nudeln lagen in der Kammer hinter der Verpflegungsstelle, aber es machte sie keiner! Vielen Dank nochmal an dieser Stelle für den tollen Service!
Wenigstens hatten sie warmen Tee, aber das half mir jetzt auch nicht wirklich. Da kam der Christian ums Eck und fluchte wie kalt es doch sei. Er ist ein recht guter Läufer und erfahrener als ich es bin und wenn der schon kämpft.. Gut, ich bin auf 24h kein Depp und auch Top 10 Läufer aber es gibt natürlich da schon einige Klassen Erfahrenere als ich es bin. Der nicht dumm, ging ins Sanizelt und weil kein Sani da war, packte er sich eine Decke und meinte "Willst auch eine?" Ich nahm dankend an. Wir saßen im Sanibüro, wo eigentlich Sanis und Schwestern hätten sitzen sollen. Die konnten da nicht anwesend nun nicht meckern, also genossen wir den leeren Raum mit seinem Heizstrahler und den warmen Decken. Chrissi hat sich mittlerweile auch zu uns gesellt. Ihr war auch kalt. Sie konnte auch kein Tempo mehr auf die Strecke bringen und um gemeinsam spazieren zu gehen, war es einfach zu kalt da draußen, wenn man völlig entkräftet ist. Ich motivierte sie noch weiterzulaufen aber sie hatte keine Lust mehr. Also fällte ich ebenfalls die Entscheidung jetzt aufzuhören. 114km sind gelaufen, 7h30min hätte ich noch Zeit, 66km müsste ich packen. Wenn mir die 100 Meilen unter 21h gelingen würden, hätte ich ebenfalls die Quali. Dafür hätte ich 47km in jetzt noch 4h20min laufen müssen! 7h30min für 66km klingt viel und heute frage ich mich natürlich wie so oft, hätte das nicht klappen können? NEIN! Wenn es geklappt hätte, hätte ich es auch getan! Natürlich soll man niemals nie sagen. Aber wenn man sich um 9min/km herum bewegt und ein bisschen rechnen kann, was da auf 10km raus kommt, weiß man, es ist nicht möglich gewesen. Und nein, es lag auch nicht an Christiane! Wenn sie weitergelaufen wäre, wäre ich trotzdem erst mal im Warmen geblieben und vielleicht später nochmal raus gegangen. Ich wusste ja, dass mein Vorhaben nun nicht mehr gelingen konnte. Wie gesagt, ein paar Kilometer mehr oder weniger hätten mir jetzt auch die Quali nicht gesichert. Und deswegen machte ich den Kram hier doch überhaupt nur. Lange Distanzen von A nach Be in Frage zu stellen ist eine Sache, aber 24h auf 940m im Kreis zu laufen bis man 180km zusammen hat, da braucht´s schon gute Gründe :)
Und Christiane hätte für mich im Warmen gewartet wenn ich weitergemacht hätte. Wir sind eben füreinander da. Sich jetzt aber bis aufs Äußerste für nichts zu quälen ist Blödsinn. Noch dazu, wenn der Kreislauf schon in die Knie ging. Warum der das tat? Naja da gibt es viele Gründe. Überlastung nach über 16h Belastung, Koffein überdosiert, zu lange an der warmen Feuerschale gesessen usw. Wer an der Grenze arbeitet, muss auch Rückschläge hinnehmen können. Es gibt nicht nur Siege und Spaß. Aber jedes dieser Rennen bringt einen weiter an Erfahrung und dennoch ist immer auch Freude dabei. Man kommt raus, erlebt was, trifft nette Leute und erfährt von so verrückten Dingen wie, dass es in Schweden ein paar Spinner gibt, die auf einer 250m Indoor Laufbahn ein 100 Meilen Rennen planen, nur um eine Quali für den Spartathlon haben zu können. Ob sie das mit Corona und anderen behördlichen Auflagen bis Ende Januar 2022 hin bekommen weiß ich nicht. Deshalb suchte auch ich am Morgen danach schon nach der nächsten Möglichkeit, doch noch eine Chance auf den Spartathlon 2022 zu erhaschen und fand diese! Es gibt einen 100 Meilen Lauf über 10 Runden in Nordstemmen Adensen - klingt schon so heldenhaft männlich... Gefällt mir. Diese Chance nehme ich wahr! Man soll ja gute Vorsätze für das neue Jahr haben. Wenn ich also vom 31.12.21 auf den 01.01.22 100 Meilen mit dem Vorsatz laufe, Sparta 2022 als Finisher beenden zu können, gibt es ein besseres Omen?
Natürlich gibt es auch hierfür keine Garantie denn die Läufe zu möglichst guten Bedingungen sind für die Quali leider gelaufen. Dann würde ich das komplette Jahr 2022 verlieren und für 2023 planen müssen. Zu verlieren habe ich aber nichts! Es ist möglich wenn ich gut drauf bin und alles gut läuft. Selbstverständlich kann es schneien, regnen, kalt sein, usw. Lange Klamotten werde ich wohl auch tragen müssen - es wird hart, aber es ist eine Chance. Da das Wort "aufgeben" in meinem Wortschatz nicht vorkommt, nehme ich die Chance dankbar an. Meine treue Freundin Christiane ist mit von der Partie und wird die Sache mit dem Rad überwachen, dass ich mich ja nicht verlaufe. Ich bin weder zu alt, noch bereit aufzuhören. Wie gesagt wer immer nur Spaß und Leichtigkeit sucht, wird dies im Ultralauf nicht finden. Es sei denn man läuft nur zum Spaß. Nur zum Spaß kann man aber einen Spartathlon nicht laufen. Man kann nur zum Spaß an einem 24h Lauf teilnehmen mit dem Vorsatz, einfach mal zu schauen was da geht und wenn eben nix geht, aufhören. Wer 180km auf 24h haben will, kann sich weder Zeit lassen, noch nur Spaß haben. Und ich bin keiner derjenigen die nur Erfolge auf ihre Webseiten stellen um die Sponsoren zu befriedigen und die schöne heile Sportwelt vorzugaukeln. Wer meine Berichte liest, der liest sie, weil sie mit allen Höhen und Tiefen aus dem wahren Leben sind, wie sie jeder selbst auf seine Art und Weise und seinem Level erlebt. Egal ob Studium, Job, Sport, oder was auch immer. Es gibt nicht immer nur Erfolge!
Dennoch ist das hier keine Niederlage denn a) bin ich 114km in 16h bei kalten Temperaturen gelaufen - frag Dich mal, wann DU das zuletzt getan hast...? b) bin ich von 37 Startern Position 21 und das, obwohl ich 7h30min eher ausgestiegen bin. Zum besseren Verständnis: Währe ich so eine Niete, müsste ich doch eigentlich Letzter sein! Hier starteten nur gute Leute, was man an den Top 10 wieder ablesen kann. Freu Dich schon heute auf meinen Bericht vom 100 Meilen Lauf aus Nordstemmen, der so oder so spannend wird. Die 100 Meilen werden gelaufen - und wenn ich sie kriechen muss! Oder soll ich sie doch lieber Griechen....?
Dass nichts im Leben selbstverständlich ist wird einem immer erst dann bewusst, wenn es nicht mehr funktioniert. Selbst das man morgens aufstehen kann, ist nicht selbstverständlich.
So machte ich mich nun auf nach Athen um meinen Traum, den Spartathlon finishen zu können, endlich Wirklichkeit werden zu lassen. Dieses Rennen ist so enorm lang und groß, dass man einfach nicht im Vorfeld abschätzen kann ob und wie man durchkommt. Am Renntag muss alles stimmen. Man muss körperlich und mental bei der Sache sein und auf die Probleme die im Rennen kommen die richtigen Antworten wissen. Und Probleme werden kommen, soviel ist sicher. Egal ob man vorn oder als letzter läuft. Das Rennen hatte gut für mich begonnen. Ich fand mein Tempo und es wurde zunehmend wärmer. Meine Wasser- und Salzversorgung war viel besser geplant als 2019 und ich habe aus meinen damaligen Fehlern gelernt. Dennoch überraschte mich nach ca. 45km, dass meine beiden Oberschenkel schmerzten und nicht mehr richtig mitarbeiten wollten. Muskuläre Probleme sind mir bis dato absolut unbekannt! Ich kenne Krämpfe und Kreislaufprobleme aber ein Versagen meiner Muskeln ist mir neu. Ich musste also versuchen langsam weiter zu laufen und bewege mich dabei schon ab Marathon gefährlich nah am Cut Off. 80km sollte ich eigentlich in 8h40min erreicht haben, das Cut Off liegt bei 9h30min und angekommen bin ich bei 9h20min!
Wenn ich jetzt bis 100km nicht schneller laufen kann, wird es eng. Ich hoffte auf die Nacht und darauf, dass sich mein Körper damit erholen würde. Ich habe schon immer ein Problem mit der Hitze gehabt. Obwohl ich Saunagänger bin, kann ich bei Hitze einfach nicht schnell und auch nicht gut laufen. Wenn ich längere Distanzen wie 24h, 100 Meilen oder eben den Spartathlon laufe, sehne ich die Nacht herbei und hoffe hier dann Zeit gut machen zu können. Das Problem dabei ist, dass mein Körper auf genau zwei Arten reagiert: Entweder er erholt sich und ich kann weiterlaufen oder er erholt sich nicht und ich bekomme massive Kreislaufprobleme. Diese kann ich evtl. sogar in den Griff kriegen, brauche dafür aber Zeit. Und Zeit war genau das, was ich heute und hier nicht mehr hatte. Ich schleppte mich weiter bis km 140 und dabei bewegte sich mein Tempo auf 8:20min/km, also deutlich zu langsam. Das Langsamste Tempo das ich an den Tag legte war 10:20min/km. Somit schwand mein eh schon geringer Cut Off immer weiter und damit auch die Chance, jemals in der geforderten Zeit das Ziel zu erreichen. Als ich mich bei km 140 ausruhen wollte wurde ich dazu aufgefordert weiter zu laufen, da mir noch genau 3min bis zum Cut Off blieben.
Ich bin definitiv kein Weichei. Ich weiß was ich kann, wer ich bin und was ich will. Aber ich bin auch kein Idiot und ein Realist und kann meine Situationen in denen ich mich befinde meist sehr gut einschätzen. Man sagt, dass man niemals das Rennen aufgibt bevor einen die Griechen nicht aus dem Rennen nehmen. Wenn ich bei 221km mit 4h Zeit auf den Cut Off zügig spazieren gehe, dann mag ich eine reelle Chance auf das Ziel haben, auch wenn ich nicht mehr zügig laufen kann. Wenn ich aber bei 140km mit 3min auf den Cut Off nicht in der Lage bin schneller zu laufen und mir in 10km ein Aufstieg durchs Gelände über 1000 Höhenmeter bevor steht, ist es eine Frage der Zeit, bis mich der Cut Off einholt. Ob das nun bei 150km oder bei 170km ist, ist dabei völlig egal. Fakt ist, ich kann das Rennen nicht beenden! Dazu hätte ich schneller laufen müssen und im Nachhinein bilde ich mir sogar ein, ich hätte das gekonnt. Natürlich hätte ich es nicht gekonnt. Wer mich kennt weiß eines sicher: Wenn ich schneller hätte laufen können, dann hätte ich das auch getan. Wir reden hier über das wichtigste Rennen in meiner Karriere, wofür ich bereit war und bin alles zu tun. Das wirft man nicht einfach hin, weil man nicht mehr weiter laufen will. Zugegeben: Es gibt diese verrückten Gedanken, wenn du alleine auf einer Schnellstraße über 24h lang läufst und dir dabei denkst "Kann mich nicht bitte jemand einfach nur mit dem Seitenspiegel streifen das ich mich schreiend zu Boden werfen kann und leider aufhören muss, weil man mich angefahren hat? Dann hätte ich einen plausiblen Grund um aufzuhören und müsste nicht nach Ausreden suchen jetzt nicht mehr laufen zu müssen, weil ich nicht mehr laufen will." Frei nach dem Motto, wenn ich angefahren bin, muss ich wenigstens nicht mehr laufen. Trotzdem läufst du aber weiter! Ich gebe niemals auf, nur wenn ich gesundheitlich dazu, wie leider auch hier, gezwungen bin. Ich versuchte über 6h das Problem mit meinen Oberschenkeln zu beheben und es gelang mir einfach nicht. Somit musste ich das Vorhaben schweren Herzens aufgeben. Hätte ich noch 30min bis zum Cut Off gehabt, hätte ich es sicher riskieren können und sogar müssen! Diese Zeit ist dann spätestens über den Bergpass hinüber aber bis dahin wäre eine Erholung evtl. möglich gewesen und wäre ich dann wieder schneller gelaufen, wäre das Rennen für mich weitergelaufen.
Die Niederlage schmerzt enorm und ich bin heute noch fassungslos. Ich verstehe nicht was und warum dort passiert ist. Nach 45km im Rennen wurde ich fast angefahren, in der Nacht von einem herumlaufenden Hund attackiert und all das überstand ich. Ich hatte keine Krämpfe, kein übertriebenes Durstgefühl, keinen Durchfall, kein Erbrechen. Dennoch machten meine Oberschenkel zu und ließen mich nicht mehr anständig laufen. Ich bin verzweifelt, drauf und dran alles hin zu werfen und natürlich stellt sich mir auch die Frage warum das hier und wozu? Es gibt so viele schöne Rennen auf dieser Welt und der Spartathlon ist alles andere als schön, wenn man die Strecke betrachtet. Man läuft meistens auf der Straße oder in der Pampa, durch vermüllte Raffinerien wo es stinkt nach Tierkadavern und Öl, Müll, es ist heiß, laut, nicht ungefährlich wegen der herumlaufenden Hunde und der Schnellstraßen mit LKWs und Autos. Das einzig reizvolle an der Strecke ist der geschichtliche Hintergrund und dieses unmenschliche Zeitsoll. 246km zu laufen ist schon enorm und sicherlich auch etwas krank aber das in unter 36h mit über 1000 Höhenmetern bei meist 30 Grad und mehr ohne Schatten in praller Sonne und durch die Nacht zu tun, ist nochmal eine ganz andere und besondere Herausforderung. Reizvoll ist auch, dass man über eine Woche mit Athleten aus aller Welt zusammen ist und auf der Strecke das ein oder andere interessante Gespräch führen kann, was man auf anderen Ultras allerdings auch kann. Meist ist man beim Spartathlon mitten in der Nacht mit sich selbst und dem was so herum kreucht und fleucht alleine. Das hat auch was und ich genieße diesen Streckenabschnitt sogar und sag mir immer "Das ist auch dein Urlaub, nicht nur ein Rennen. Vollmond, Grillen zirpen, keine Handys, keine nervigen Kollegen, absolute Ruhe, nur du und die Natur. Die sternenklare Nacht und viel Zeit um sich über sich selbst und vieles klar zu werden - nachzudenken, in sich zu ruhen, sich am Leben fühlen und dankbar dafür zu sein, dass dem so ist."
Was aber mache ich jetzt? Entweder akzeptiere ich, dass ich in diesem Rennen meinen Meister gefunden habe und es nie beenden werde und mache etwas anderes, oder ich akzeptiere das nicht und versuche es weiter, das Rennen eines Tages zu beenden. Es ist einfach DIE Bestätigung aller Ultraläufer hier einmal zu finishen. Tatsache ist allerdings, dass es dafür nie eine Garantie gibt. Du kannst noch so gut vorbereitet sein und noch so sehr ankommen wollen. Auf deinem Weg nach Sparta kann dir so viel Unvorhergesehenes passieren, was dein Vorhaben scheitern lässt und du läufst immer auf Messers Schneide. Es ist immer ein Risiko hier zu bestehen. Egal wie erfahren du bist, egal wie oft du schon angekommen bist oder auch nicht. Jedes Mal wenn du an der Startlinie dieses großen Events stehst, muss für dich an diesem Tag einfach alles stimmen. Ohne Probleme kommt hier niemand durch. Der Spartathlon stellt dir permanent Fragen und wenn du die Antworten darauf nicht kennst, ist es vorbei.
Neutral betrachtet und ohne philosophisch zu werden: Ich startete jetzt dreimal beim Spartathlon und habe ihn dreimal nicht geschafft. Bin ich dafür zu blöd? Kann ich es nicht? NATÜRLICH KANN ICH ES!!! Beim ersten Mal hat mich das Wetter unvorbereitet überrascht, weil dieses Wetter von 2018 dort unnormal ist. Eine Jacke mehr, entsprechend Nahrung ab 220km oder keine anatomischen Probleme um besser laufen zu können, hätten mich mein Ziel längst erreichen lassen. Zudem das kalte Wetter eher meins ist als die Hitze. Wir haben auf diesem Rennen aber nunmal in der Regel mit Hitze und nicht mit Kälte zu tun. Beim 2. Mal habe ich die Hitze unterschätzt. Ich lag am Vortag eine Stunde in der Sonne, trank verkehrt und zu wenig, führte nicht genügend Salz zu und die Folge - ich erlag schrecklichen Krämpfen und konnte mich nicht mehr rühren. Der Kreislauf brach aufgrund der enormen Schmerzen fast zusammen. Bis ich die Krämpfe beseitigt hatte und die Antwort darauf, also mehr Salz und Flüssigkeit zu mir nehmen erkannte, war meine Zeit abgelaufen und ich wurde aus dem Rennen genommen.
Tja und jetzt beim dritten Mal? Da habe ich zwei Theorien. Entweder hatte ich einfach mal Pech und meine Muskeln hätten mich auch daheim bei einem normalen Training auf 40km in der Hitze im Stich gelassen, oder ich ging die Sache zu verkrampft an. Ich wollte das Finish so sehr das ich mich nicht nur darauf fokussierte. Nein, ich erdrückte mich damit. Ich war so auf das Ankommen müssen fixiert, dass ich innerlich völlig verkrampfte und mir mein Körper nicht mehr so gehorchte wie ich es von ihm gewohnt bin. Ich trank richtig, nahm Salz und Mineralien zu mir, es ging mir eigentlich bis auf die Oberschenkel gut. Mental aber hatte ich Angst zu versagen, Angst vor dem was noch kommt und weil mein Kreislauf anfing zu spinnen, bekam ich noch Angst vorm Kollabieren. So taumelte ich bei km 140 in die Verpflegungsstelle und jedes Mal wenn ich stehen blieb wurde mir schwindlig. Mit diesem Schwindel und kaum vorwärts kommend weiterlaufen zu wollen wäre dumm und grob fahrlässig gewesen. Ich musste ins steile Gelände und war mittlerweile Letzter im Rennen und bis man mich da zusammengebrochen gefunden hätte, währe es unter Umständen zu spät gewesen. Dieses Risiko konnte ich nicht eingehen. Hätte ich mehr darauf gesetzt ankommen zu wollen, wohl wissend das ich das Zeug dazu habe und mir einfach gesagt das ein Ankommen keine Garantie ist und ich mal schaue wie weit ich komme, natürlich mit dem Ziel das Ganze zu beenden, währe der Druck weg es unbedingt schaffen zu müssen. Durch diesen enormen Druck blockierte ich mich selbst so sehr, dass ich gehemmt war. Wie einem Kugelstoßer dem der Arm versagt.
Ich will das Finish nicht um jeden Preis aber ich weiß das ich dafür geschaffen bin und das ich es schaffen kann. Aus jeder Niederlage geht man gestärkt hervor, weil man aus den gemachten Fehlern lernt. Es wird immer andere Probleme im Verlauf des Rennens geben. Die Frage ist nur ob man in dem Moment in der Lage ist, dieser Probleme Herr zu werden. Viele schlaue Tipps bekam ich von außen das Ganze sacken zu lassen, in ein paar Jahren nochmal anzugreifen usw. Ich für meinen Teil sag mir allerdings - worauf warten? Wenn mein Ziel ist hier zu finishen dann sollte ich das Eisen schmieden solange es noch heiß ist. Ich muss aber meine Einstellung dazu anpassen und zwar dahingehend, dass ich beim 4. Start nicht sehe, dass ich bereits dreimal versagt habe. Mein Plan sieht so aus, dass ich mich in vier Wochen beim 24h Rennen in Brugg in der Schweiz mit 180km erneut für einen Startplatz qualifizieren möchte und sollte mir dies gelingen, werde ich das restliche Jahr 2021 ruhig ausklingen lassen. Ich will meine Verletzungen ausheilen lassen, mal was anderes tun und denken und im Jahr 2022 mit neuem Mut, neuer Kraft und mentaler Stärke wieder ins Training einsteigen mit dem Ziel Sparta 2022 klar vor Augen. Allerdings will ich diesmal mit dem Gedanken am Start stehen, zwar das Finish erreichen zu wollen aber wohl wissend das es nicht selbstverständlich ist. Ich weiß wer ich bin, ich weiß was ich kann, ich weiß was ich will aber ich weiß auch das es nicht selbstverständlich ist. Und dann schauen wir mal wie weit ich diesmal komme. Was vorbei ist, ist vorbei und nicht mehr zu ändern. Ein gewisser Druck ist gut aber zu viel Druck schadet und blockiert.
Ich möchte auch nicht missen hier klar Stellung dazu zu beziehen, dass es mir seit der COVID19 Impfung nicht mehr so geht wie vorher. Egal was man jetzt von mir denkt oder entgegen der Meinung der Meisten, dass ich mir das ja nur einbilden würde. Ich kann Ihnen sagen das meine Leistungsbereitschaft seit der Impfung leider abgenommen hat. Ich habe das bereits im Training gemerkt. Ich kann zwar laufen und Leistung bringen aber ich bin nicht mehr so schnell wie vor der Impfung und meine Muskeln fühlen sich teilweise wirklich träge an. Es muss ja das eine nichts mit dem anderen zu tun haben aber vor der Impfung hatte ich diese Probleme nicht. Ich hoffe ja darauf meine alte Form wieder zu erreichen aber irgendwas hat sich in meinem Körper danach verändert. Ich freue mich dennoch das ich starten durfte, wieder mal ein halbwegs normales Event erleben konnte und ich will auch die Impfung nicht bereuen, weil ich es nicht mehr ändern kann. Hätte ich drauf verzichten können, währe ich heute noch ungeimpft aber - man zwingt uns ja mehr oder minder dazu. So oder so lasse ich mich nicht unterkriegen. Ich hole mir die Quali, bewerbe mich um einen weiteren Startplatz und versuche mich mental soweit in den Griff zu bekommen, dass ich mein Ziel erreiche. Denn körperlich bin ich dazu in der Lage. Das habe ich bereits 2018 mit 221 gelaufenen Kilometern unter Beweis gestellt. Und auch die 140km hier sind nicht mal eben gelaufen. Auch das erfordert hartes Training und Disziplin. Sagen Sie mal Ihrem Arzt was ich mir zu dem Zeitpunkt gesagt habe "Mein Gott es sind doch nur noch 100km die hast du doch im Griff!" Die meisten haben ein Problem damit mal zwei Stockwerke ohne Fahrstuhl zu laufen oder 5km zu gehen. Unsereins wundert sich warum man bei 140km Probleme bekommt weil man es als Selbstverständlich ansieht, was es aber nun mal nicht ist. Der Mensch ist für´s lange Laufen geboren und bis Marathon ist das ok. Darüber hinaus kann ich das für meinen Teil bis ca. 100km kalkulieren und es ist nicht mehr wirklich gesund aber darüber hinaus ist es nicht mehr kalkulierbar und es ist alles möglich. Die Angst davor einfach umzukippen ist, wie soll ich sagen, dahingehend unbegründet, weil einem das überall und selbst daheim auf dem Sofa passieren kann. Zumindest wenn man als gesunder Läufer diese Distanzen angeht. Ich gebe zu, es ist nicht immer alles Spaß und toll und nicht jedes Märchen geht gut aus. Ich kann Ihnen sagen, ich hatte Angst vor diesem Rennen und im Rennen selbst und das ist nicht gut. Respekt muss man haben, Angst aber nicht. Wenn man sich selbst blockiert kann man noch so gut vorbereitet sein, klappt es nicht.
Also machen wir weiter, denn was soll man auch sonst tun? In Frage stellen kann man bekanntlich alles: Warum laufe ich, warum lebe ich, warum bin ich hier? Zeitverschwendung. Ich gehe am 23. Oktober nach Brugg und laufe dort in 24h entweder 180km für die Quali, mehr als 180km oder verdammt nochmal auf´s Podium. Wenn nicht werde ich einsehen, dass ich meinem Körper eine Pause gönnen sollte, um Kraft für derartige Schweinereien sammeln zu können. Ich hätte mir einen schöneren Bericht gewünscht und die Niederlage schmerzt wirklich hart. Sie zerstört mich aber nicht. Ich habe Charakter!
Am 24.09.2021 ist der Tag der Tage, da ist es wieder soweit! Ich ergebe mich zum dritten Mal der verdammt großen Herausforderung den Spartathlon zu schaffen. Wenn Ihr unten auf das Bild klickt, kommt Ihr direkt auf die Webseite des Veranstalters und könnt mich ab dem Start des Rennens, also ab dem 24.09.2021 ab 07:00 Uhr, live verfolgen!
Der Spartathlon 2021 rückt langsam näher und es wird Zeit, mehr als nur Unterdistanz Läufe wie Marathons zu trainieren. Aufgrund der immer noch herrschenden Corona Pandemie ist es jedoch schwer bis unmöglich, entsprechende Testrennen wie 24h Läufe, 100 Meiler oder Ähnliches zu laufen. Besondere Zeiten erfordern eben besondere Ideen. So habe ich überlegt ein 24h Rennen so zu planen, dass ich mehrfach über den Feldberg laufe und beim Europakreisel in Bad Homburg an der Tankstelle immer wieder Nahrung und Getränke aufnehme. Man könnte sich auch eine Route suchen wo man 24h von A nach B läuft und sich überall da verpflegt wo es geht also Tankstellen, Supermärkte, Nachttankstellen usw. 6 Wochen vorm Spartathlon ist der 100 Meilen Mauerweglauf in Berlin geplant, auch eine Möglichkeit, noch einmal vor den 246km ein langes Läufchen zu machen.
So plante ich mit meiner lieben Freundin Christiane eine ganz andere Schweinerei: Wir planten einen 100km Trainingslauf, auf dem sie mich mit dem Fahrrad begleiten sollte. Sie würde so unsere Versorgung sicherstellen und ich könnte autark ohne Verpflegungspunkte direkt nach Worms laufen, wobei autark hier nur bedingt richtig ist. Autark würde heißen, ich laufe komplett ohne Begleitung und muss alles was ich für die Strecke brauche selbst besorgen oder tragen. Bei meinem 50km Testläufen mache ich das so und schleppe alles im Rucksack mit. Bei 100km und unter Umständen um die 30 Grad herum wird das schwer, denn man braucht enorm viel Flüssigkeit. Die Sache hat weiter den Vorteil, dass ich nicht am Start eines Rennens stehe. Ich kann einfach einen Wettkampf nicht locker laufen! Wenn ich am Start stehe gebe ich alles und zwar bei jedem Rennen. Wenn ich entspannt laufen will, mache ich einen Trainingslauf alleine oder mit Freunden, aber bestimmt kein Rennen. 6 Wochen vor Sparta muss ich außerdem keine 100 Meilen laufen - kann man tun, muss man aber nicht.
Also starteten wir am 24. Juli 2021 um 07:00 Uhr morgens, also zur selben Uhrzeit wie im September in Athen, den 100km Trainingslauf von Frankfurt nach Worms. Dort werden wir zwei Nächte bleiben, die legendären Flammkuchen vertilgen und etwas Wellness im Hotel genießen. Etwas getrübt war unser Vorhaben durch einen leichten Muskelfaserriss an meinem rechten Oberschenkelbiceps und der immer noch leicht entzündeten Plantarsehne. Aufgrund der enormen Trainingsbelastung wird wohl zumindest die Plantarsehne nicht bis zum Spartathlon abheilen aber der Muskelfaserriss kann mein gesamten Vorhaben zum Scheitern bringen. Diese Verletzung zog ich mir bei einem langen Trainingslauf zu. Sie kam plötzlich und unerwartet bei 12km einfach so. Diese 100km zu schaffen war allerdings enorm wichtig. Ein Abbruch hätte mir mental nicht gut getan und Zweifel in Sparta zu bestehen wären stärker geworden. Respekt muss man vor den 246km in Sparta definitiv immer haben, aber keine Angst.
Durch die Verletzung musste ich das Tempo reduzieren und ich spürte den Muskel von Beginn an. Ab 60km merkte ich auch andere Probleme, weshalb der Muskelfaserriss etwas in den Hintergrund rückte. Keine Sprints, keine ruckartigen Bewegungen, locker durchlaufen und vor allem durchhalten. Mental konnte nichts Schlimmeres passieren als abbrechen zu müssen. Ich hatte dieses Jahr noch keine lange Distanz und das längste was ich seit Mai 2020 gelaufen bin war der 74km Rennsteiglauf virtuell und die ein oder andere 40km Distanz. Das Wetter war durchwachsen und teilweise wurde es richtig heiß. Ich benötigte 4L Cola, 3L Wasser, 1L Red Bull, 500ml Gatorade, 1L alkoholfreies Bier, Salztabletten und 3 Landjäger. Ich kann bei der Hitze einfach nicht wirklich essen und halte mich wirklich mit Salz, Getränken und minimaler Nahrung wie eben ein paar Landjägern auf den Beinen. Laufe ich in die Nacht rein kommt irgendwann der Hunger und beim 100km Lauf, der ja nicht so lange geht, esse ich im Anschluss. So brauchten wir mit Verletzung und Eigenverpflegung 11:40h nach Worms und mussten keine Versorgung nachkaufen. Christiane musste sich ja auch versorgen und so hatten wir ca. 50kg Gepäck auf dem Rad. Ich bin froh das ihr das Hinterrad nicht geplatzt ist denn das Rad war wirklich schwer hinten mit den zwei Packtaschen. Viele Bilder gibt es nicht, da wir uns auf das Wesentliche beschränkt haben. Nonstop in Bewegung und halten nur zum Klogang irgendwo im Nirgendwo am Wegrand.
Schön war auch, dass wir irgendwann am Rhein entlang fernab jeder Ortschaft unterwegs waren, wo man keine Läufer mehr traf. Dort waren lediglich Radfahrer und viele von ihnen begrüßten mich mit den Worten wie "Respekt" oder "tolle Leistung, weiter so". Ich fragte mich zunächst wieso. Aber als mir auffiel das ich der einzige Läufer hier auf dem Weg war und Christiane voll bepackt neben mir nicht ganz unauffällig war, wurde mir klar wieso und das war motivierend.
Der Testlauf war ein voller Erfolg und die Zeit ist akzeptabel in Anbetracht der Schwierigkeiten mit dem Muskel. Dieser muss bis Sparta verheilt sein weil ein solches Vorhaben verletzt in unter 36h einfach nicht machbar ist. Da aber die 100km geklappt haben bin ich guter Dinge das es klappt.
Und dann nach getaner Arbeit ein Bild des Genusses! Schockierend für den Lokalbesitzer war mit anzusehen das es da jemanden gibt, der auch 2 dieser Flammkuchen essen kann ohne Looser-Folie zu bestellen. Ohne Mampf kein Kampf! Ein Maß Bier dazu und die Welt war in Ordnung. Wenn ihr mal nach Worms kommt, probiert unbedingt diese Flammkuchen in der Wein und Bierschenke (unter diesem Namen kennen sie Insider immer noch) oder eben das Flammkuchenhaus.
Euer Harry ist einer der Leistungssportler die keinen Namen haben und deren Meinung daher in der Öffentlichkeit wenig bis gar nichts gilt. Dennoch möchte ich meinen Fans hier immer aktuelle Updates über mein Tun und Handeln bieten und ihnen auch zeigen das ich immer noch da bin und dran bleibe. Ich möchte Menschen mit meinen Worten motivieren. Ich bin ein bodenständiger und zufriedener Mensch und brauche nicht viel um glücklich zu sein. Ich lebe mit der Natur, respektiere meine Umwelt, die Tiere, Pflanzen und Menschen und bin glücklich mit dem was ich habe.
Seit vielen Jahren versuche ich nun schon den Spartathlon zu schaffen und einen Startplatz dort zu bekommen. Was musste ich dafür nicht schon alles in Kauf nehmen an Geld, Schmerzen, blöden Sprüchen, Zeit, Nerven, Arbeit, Qualifikationen, Zittern um die Erlaubnis starten zu dürfen und all das habe ich gern und hoffnungsvoll ertragen um es doch einmal zu schaffen. Und dieses Jahr ist es wieder so weit! Harry Lange darf zum Spartathlon 2021, vorausgesetzt der findet aufgrund der Pandemie statt. Was im Januar noch unglaublich erschien, ist jetzt Realität! Der Startplatz ist mir sicher. Nun so knapp vor meinem Ziel will man mich mit der Impfung ausbremsen.
Dazu sei gesagt, dass ich gern akzeptiere wenn sich jemand aus Überzeugung impfen lässt und dahinter steht. Ich selbst möchte aber eben NICHT geimpft werden und stehe nicht dahinter. Offiziell gibt es keinen Impfzwang aber inoffiziell werden wir alle dazu gezwungen. Ich stehe nun vor der schwerwiegenden Entscheidung ob ich starten will oder mich nicht impfen lasse und nicht starten werde. All die Arbeit, all der Einsatz, alles umsonst nur weil ich mich nicht impfen lassen will? Ich bin nicht überzeugt davon und ich bin nicht einer der mit der Masse immer gleich "Hier" schreit. Ich möchte die Freiheit behalten dürfen selbst zu entscheiden was ich meinem Körper antue und was nicht. Und dieses Recht nimmt man mir leider gerade weg. Hätte ich einen Namen und würde vorn unter den Top 3 laufen, würde man mir vermutlich die Füße küssen und mich auch ungeimpft starten lassen, mir die dann benötigten PCR-Tests noch ins Hotel bringen! Aber wenn ein Harry Lange sagt er kommt nicht weil er keine Impfung akzeptiert, interessiert das die Griechen ebenso wenig, wie wenn bei uns ein Fahrrad geklaut wird.
Jetzt kommen sie wieder die Neider, die bösen Stimmen, die wo immer das große Maul haben und selbst noch 20 Jahre mehr unzufrieden in einem Unternehmen arbeiten obwohl es sie ankotzt, weil sie zu bequem zum Wechseln sind und keinen Mut dazu besitzen. Die einen sagen "bist nicht zielstrebig und ehrgeizig genug" und wieder andere stellen meine Stellung zur Sache in Frage "bist wohl doch eingeknickt, ja irgendwann kriegen sie jeden" Nein, ich stehe zu meiner Meinung und hätte ich einen Namen, würde ich mich öffentlich dafür aussprechen, dass jedem das Recht zustehen sollte selbst zu entscheiden was er/sie macht. Ich habe mir meine Entscheidung nicht leicht gemacht aber ehrlich niemand kann in die Zukunft schauen und es ist schwer zu entscheiden was jetzt richtig oder falsch ist. Ich stelle mir die Frage was die Impfung in mir auslöst und welchen Schaden ich davon trage und ob der Schaden gering genug ist ihn zu ertragen um meinen Traum weiter verfolgen zu können? Die Alternative ist den Startplatz aufzugeben, 1000€ in den Wind zu schießen und wer weiß wann oder ob überhaupt je wieder einen Startplatz zu bekommen. Derzeit erlauben die Griechen auch ungeimpft zu starten ABER dann muss man ständig einen PCR-Test vorweisen und das ist mir alleine schier unmöglich. In einem fremden Land, fast blind alleine in Athen auf der Suche nach einem Institut das mir einen PCR-Test erstellt und das jeden 2. Tag, neben der ohnehin schon stressigen Rennvorbereitung ausstellt, ist einfach nicht machbar. Dann wird das auch Geld kosten und ohne Auslandskrankenversicherung ein Problem und außerdem haben die nicht auf mich gewartet und sagen sich "Ah ja der Harry, ja der braucht ganz schnell einen PCR-Test weil der läuft ja den Spartathlon und daher ist er zu priorisieren! Der kann nicht noch 2h oder länger hier sitzen und drauf warten..." Ne Freunde, den Status habe ich nicht.
Und so muss ich mich dem Zwang zur Impfung ergeben wenn ich starten will. Deshalb bleibe ich mir trotzdem treu und ich gehe niemals den Weg des geringsten Wiederstandes. Ich bin deshalb kein "Ja-Sager", ich muss mich hier nur der Situation ergeben. Naja was heißt muss, ich kann auch alles hinwerfen. Egal was ich mache, es juckt eh keinen außer mich selbst. Kinder habe ich keine, meine Freundin Christiane ist geimpft und will als Support unbedingt dort hinfliegen und reisen. Mir persönlich wäre das Reisen egal, ich kann auch 4-5 Jahre warten bis die aufgehört haben zu spinnen und es wieder normal wird. Ach noch was: Nicht dass hier wieder Leute vom "Querdenken" reden. Erstens ist Querdenken wichtig, sonst haben wir ein Meinungsmonopol und das wollen wir alle nicht. Es gibt nicht nur die eine Meinung. Zweitens behaupt ich nicht, dass es COVID19 nicht gibt. Das gibt es schon, bloß sehe ich persönlich hier keine Pandemie und für mich keine unmittelbare Gefahr. Wenn ich COVID19 bekomme, mag das schlimme bis tödliche Folgen für mich haben. Das haben aber Krebs, MS, oder andere schlimme Krankheiten auch und vor Allem kann ich mich nicht schützen. Stetig Angst haben ist auch keine Lösung. Respekt sollte man schon haben aber nicht nur vor COVID19, sondern auch vor der Natur, seinen Mitmenschen und noch vor vielem mehr. Auch ist es keine Trotzreaktion. Ich bin momentan einfach noch nicht bereit geimpft zu werden. Mag ja sein das ich in einem halben Jahr anders dazu stehe.
Ich finde es einfach eine Sauerei, dass man Menschen zu etwas zwingt das sie nicht mitmachen wollen und ihnen damit ihre Freiheit grundlegend einschränkt. Traurig ist das in einer ach so toleranten Weld. Nachdem ich mir all diese Gedanken gemacht habe und das auch hier auf meiner Plattform zum Ausdruck bringen will für alle meine Fans und Leute die mir folgen und sich durch mich motiviert fühlen will ich euch sagen, dass ich mich ungern aber wohl doch für die Impfung entscheide, weil ich meinen Traum deswegen nicht einfach so kampflos aufgeben will. Ich war nah dran alles hinzuwerfen und für immer aus dem Leistungssport auszusteigen aber ich hoffe einfach, dass mein Körper die Impfung als kleine Sünde wegstecken wird und mir das verzeiht, ich gesund und fit genug bleibe, um meinen Traum und weitere Ziele verfolgen zu können. Es hat alles Grenzen und jeder muss selbst sehen in wie weit er/sie diese überschreitet. Meine Meinung und mein Handeln hier muss nicht richtig sein. Vielleicht sagt mir auch jemand er würde dann einfach nicht starten und pfeift auf die Kohle und den Einsatz, weil er hinter seiner Meinung steht. Prinzipiell stehe ich auch hinter meiner Meinung, kann aber Kompromisse eingehen. Blödes Beispiel aber auch zum Denkanstoß: Wenn jemand Krebs hat und eine Chemo haben kann aber diese einfach nicht haben will weil er den Weg nicht gehen will und sich dagegen ausspricht, kann ihm seine Familie meiner Meinung nach das nicht verübeln. Es ist sein Körper, seine Entscheidung und sein Weg. Man kann darüber reden, eine Meinung haben, evtl. überzeugt man den Betroffenen eines Besseren, er überdenkt seine Entscheidung und nimmt die Chemo nun doch an, kann alles sein. Aber bitte seit ihm nicht böse oder enttäuscht wenn er das nicht tut. Es ist sein Körper und man kann ihm beistehen und für ihn da sein. Aber den Schmerz, den Weg, das Problem nimmt man ihm nicht. Den letzten Weg gehen wir alleine. Es mag angenehm sein wenn wer am Sterbebett sitzt aber wir gehen den Weg dann doch alleine zu Ende.
Denkt also genau darüber nach bevor ihr das Tun und Handeln eines Menschen in Frage stellt. Klar gibt es Dinge die man nicht tut und es gibt eben auch Verhaltensregeln und Charakter. Mir ist die Entscheidung nicht leicht gefallen und wer weiß, vielleicht schützt mich die Impfung wirklich vor COVID19 - hatte bislang zum Glück keinen Kontakt damit. Ich kann es Euch einfach nicht sagen. Aber ich möchte unbedingt in Sparta stehen und mir dieses Ziel erarbeiten dürfen. Und ich verstehe jeden der sich anders entscheiden würde und glaubt mir, ich war kurz davor alles aufzugeben. Mein Traum überwiegt hier und die Angst vorm Impfen tritt dadurch etwas in den Hintergrund.
Es gibt nicht viel zu berichten über das Jahr 2020 und damit bin ich wohl nicht der Einzige. Dennoch möchte ich meine treuen Fans auf dem Laufenden halten und Euch mitteilen, dass ich voll in Form bin und keinesfalls untätig war. Der Startplatz beim Spartathlon 2020 war mir leider nicht vergönnt, dabei war ich so nah dran!
Position 1 auf der Warteliste Ende Juli 2020 ließ die Hoffnung auf einen Startplatz schon steigen, allerdings haben die Griechen Mitte August 2020 mitgeteilt, dass es keine Nachrücker geben wird und somit war meine letzte Chance in 2020 zu starten dahin. Dennoch hielten sie am Rennstart fest. So hoffte ich auf den Start 2020, damit es im kommenden Jahr vielleicht weniger Bewerber bei den Deutschen gibt. Zwei Wochen vorm Start des Spartathlon 2020, haben die Griechen das Rennen nun offiziell abgesagt. Alle Teilnehmer können ihren Startplatz auf 2021 kostenfrei übertragen lassen, oder das Geld zurück bekommen. Das hieß zum Zeitpunkt (18.09.2020) für Sportler wie mich, dass kommendes Jahr vermutlich nur 3 freie Startplätze für den Spartathlon 2021 für das deutsche Team zu vergeben sind! Noch schlimmer: Bekomme ich 2021 den Startplatz nicht, muss ich mich neu qualifizieren um 2022 an den Start gehen zu dürfen. Nun am 01.01.2021 die hoffnungsvolle Nachricht seitens der DUV das ich als Nachrücker auf der Warteliste 2020 nun die Möglichkeit habe einen Platz für 2021 zu bekommen, weil derzeit nur 25 von 30 deutschen Startplätzen für 2021 besetzt sind. Natürlich habe ich zugesagt und somit bin ich startklar für den Spartathlon 2021!
Die Hoffnung, daß der Spartathlon 2021 stattfinden wird motiviert mich mein Trainingsniveau zu halten, lässt mich auf bessere Zeiten für uns alle hoffen und das harte Training ertragen!
Auch das ist eine eisenharte Erfahrung. Es mag leicht aussehen was ich hier mache - ist es aber nicht. 2000m auf Zeit auf dem Concept2 zu rudern ist schon eine langwierige Geschichte. Wenn Sie mal 500m Sprintrennen fahren werden Sie erkennen, dass 1min30sek eine sehr lange Zeit sein können. Das Rudern ist ein wunderbarer Ganzkörper-Sport. Meine Zeiten sind dafür, dass ich kein hauptsächlicher Ruderathlet bin absolut in Ordnung. Wer das alles Fake, Spaß oder was auch immer findet, der setzte sich bitte auf einen Concept2 Ruderergometer und versuche es halt mal selbst. Dann wird er schon erfahren was Schmerzen sein können... "Wer nicht kotzt rudert nicht am Limit" und das habe ich nicht selten bei Ergowettkämpfen erlebt.
Und keine Ausreden das man aufgrund der Corona-Pandemie sich nicht fit halten könnte! Sicher hat vielleicht nicht jeder den Platz und das Geld sich einen Concept2 Ruderergometer zu kaufen aber selbst ohne jegliches Equipment kann man seinen Körper auf natürliche Art und Weise fit und gesund halten. Ich helfe Ihnen/Dir gern mit Rat und Tat dabei. Fragt mich einfach! Trainieren mit dem eigenen Körpergewicht in der Natur und daheim stärkt Körper und Geist, hält fit und man bleibt fokussiert. Corona nimmt mir weder meinen Lebenswillen und schon gar nicht hält es mich vom Training ab. Angst und Respekt sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Respekt habe ich, Angst aber nicht. Die Angst hemmt einen nur und bringt einen hier keinen Schritt weiter. Bleibt Euch selbst treu, benutzt Verstand und Körper, seit immer wachsam und kritisch zu Euch selbst und achtet auf Eure Umwelt und Mitmenschen. Dann überstehen wir gemeinsam die schwere Zeit und denket immer daran - es gibt Menschen denen es schlimmer geht als uns. Bleibt gesund und schaut positiv in die Zukunft denn es geht immer irgendwie weiter.